· 

#GoForGold - The Cinderella Story! (14)

Die Ruhe vor dem Sturm

Oder: #MissionMedaille! 

 

Gameday.

Halbfinale.

Unbelievable.

 

Und wir sind immer noch da. Karten save. Reise nach Seoul durchgeplant. Um 18.00 Uhr kommt der Shuttlebus. Bis es soweit ist, mussten wir allerdings den Tag mit Leben füllen. Also gegen 13:00 Uhr das Gepäck aus dem Zimmer raus in den Lobbybereich. Frühstück bezahlt. 1x Frühstück in der ganzen Zeit war schon Rekord...

 

Der Plan für den Tag war einfach. Beim Korean BBQ stärken (diesmal ging es in den fußläufig erreichbaren Laden, den uns die Volunteerdame vor kurzem gezeigt hatte), Supermarkt, Hotellobby, Gangneung Hockey Center.

 

Station 1: Korean BBQ.

 

Ein hübscher, gemütlicher Laden mit sehr freundlichem Personal. Diesmal haben wir uns ohne Unterstützung aus dem Hotel allein mit dem Google Übersetzer vom Black Forrest Ape durchgeschlagen. Zum Abschluss dieser Reise haben wir es uns nochmal richtig gut gehen lassen, was sich in der Fleischbestellung niedergeschlagen hat. Diesmal wussten wir es jedoch besser und sparten ein wenig bei den Beilagen. Dann erneut das übliche Bild: Grill anheizen, den Tisch vollstellen mit allerlei Leckerchen. Das Schöne war, bis auf einige Klassiker wie Kimchi oder eine Suppe gab es wieder neue Speisen zu entdecken. Der Jüngling, der unseren Teil des Tisches bediente, fand die Sache mit dem Google Übersetzer überaus spannend. So nutzte er dieses Instrument, um uns neben den Informationen zu "wie esse ich was" auch mitzuteilen, WAS wir da genau zu uns nehmen. Sie werden mir schon fehlen, diese Koreaner!

 

Station 2: Supermarkt.

 

Gut gesättigt, glücklich und durstig machten wir uns auf Richtung Hotel. Zwischenstation Supermarkt, um die etwa drei Stunden bis zur Abfahrt rumzukriegen. Leider war das Soju-Angebot überschaubar und nach Bier stand mir erstmal nicht der Sinn. Bin ja von Natur aus eher der süße Typ! Im Kühlregal hatte eine weiß-pinke Flasche neben dem Pflaumenwein meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Da ich der koreanischen Sprache bis dato immer noch nicht mächtig war, orientierte ich mich an dem Aufdruck "19" (Angabe der Altersgrenze, eindeutiges Anzeichen für ein alkoholhaltiges Getränk), suchte nach einer %-Zahl für den Alkoholgehalt (ebenfalls eine 19, ein gutes Zeichen) und nach Bildern, die auf die Geschmacksrichtung hindeuteten. In diesem Fall Brombeeren. Deal!

Als Klatscher fragte, was ich mir da einverleiben würde, sorgte die Antwort "Kein Plan, aber das Zeug hat 19%!" für leichte Erheiterung. Rückblickend tippe ich auf gut hochgezogenen Brombeerwein. Genaues weiß man nicht. Auf jeden Fall was es lecker und belebend!

 

Station 3: Hotellobby.

 

Wir ließen uns in der Lobby nieder und warteten auf den Bus. Getränke, Snacks und Musik. Schreckliche Fahrstuhl-Mucke. Also fragten wir nach der Fernbedienung und spielten ein wenig rum, bis wir irgendwas Annehmbares auf die Ohren bekamen. Derweil kam auch Jennie dazu, die ebenfalls ihren Flug für den Samstag gebucht hatte und sich noch das Halbfinale anschauen wollte. Also saßen wir gemütlich zusammen und freuten uns einen Keks aufgrund des kommenden Spiels. Sascha, der sonst als Einziger noch vor Ort war, wurde über unsere Planung informiert mit dem Hinweis, dass er außer Fanta und Glückskekse heute gefälligst nichts anderes zu sich nehmen braucht! Das Universum soll nicht eingeschnappt sein. Aber es konnte ja grundsätzlich nichts schief gehen. Jup hatte auch Kanada zum Freilos erklärt. Na dann.

 

Station 4: Bus.

 

Pünktlich gegen kurz vor 18:00 Uhr fuhr unser überdimensionales Taxi vor. Für die dicken Deutschen diesmal genug Platz. Kritisch wurde das Gepäck. Mit Kofferraum haben die es wohl nicht so. Verreisen die alle im Hägar-Style? Also standen neun Koffer vor dem Bus, Manager und Fahrer daneben wie ein Ochse vor dem Berg. Ja, Kinners, vom Gucken laden die Koffer sich auch nicht ein. Ca. 12 Schleifen der Tetris-Melodie später war die Hürde auch genommen, alle Koffer und Menschen eingeladen los ging die wilde Fahrt nach einem herzlichen Abschied vom Hotelmanager, der uns für den Abend alles Gute wünschte. 

 

Next Stop: Gangneung Hockey Center. Endlich mal eine Busfahrt, bei der man sich nicht wünschte, dass der Fahrer ins Koma fällt. Es lief alles reibungslos, bis wir irgendwo neben dem Olympiagelände zum Stehen kamen. Das Ziel war nah und doch so fern, da scheinbar unsere Weiterfahrt in den Sternen stand. Hintergrund: Irgendwie hatte es der Busfahrer geschafft, durch die Athletenzufahrt zu kommen und bei einem Blick auf die Mitfahrer hätte selbst der letzte Vollpfosten erkannt, dass WIR eindeutig NICHT in die Kategorie ATHLET fallen. Zumindest so lange, bis Flunkyball zur olympischen Disziplin erklärt wird. Das Sicherheitspersonal, das uns abgefangen hat, und unser Busfahrer unterhielten sich angeregt auf koreanisch und wir hatten keinen blassen Dunst, was Phase war. Die Securities fanden es wohl bedingt geil, dass wir mit dem Bus dort lang gecruised sind.  So langsam wollten wir dann doch mal zur Eishalle - wir hatten da so einen klitzekleinen Termin. Und nach einer gefühlten Ewigkeit hat man uns dann doch endlich weiter geschickt. Danke.

 

Das Halbfinale

Oder: Reisewarnung: Bitte sprechen Sie in Deutschland ganz viel über Eishockey!!!

 

Hallo Olympiagelände. Hallo Ganneung Hockey Center. Hallo Bierstand des Vertrauens. Schön, dass wir da sind. Der Tisch am Bierstand für ein kleines Stimmungsbierchen (und Saschas Fanta und Glückskekse) war unser. Gut, dass nur eine zuschauerstarke Eishockeynation auf dem Gelände war. Die Zeit bis zum Spiel wurde mit Gesängen überbrückt. Neben "Schalalalalalalalalaaa... Dominic Kahun, Dominic, Dominic Kahuuun!" gaben wir unsere Heldenhymne zum Besten:


"Werdet zur Legende,
siegen bis zum Ende! Für die Goldmedaille! D-E-B!"

 

Wir machten Fotos mit Einheimischen, gaben Interviews und Fangesänge bei irgendwelchen TV Sendern zum Besten und freuten uns des Lebens. Das Spiel der Spiele. Auf der einen Seite Kanada. 26x Weltmeister. 9x olympisches Gold. Zuletzt 2014 in Sotschi. Wir duellierten uns heute mit dem amtierenden Olympiasieger. Nach Weltmeister Schweden somit noch einmal eine Schippe drauf. Auf der anderen Seite Deutschland. Mit einer eingestaubten Bronzemedaille aus dem Jahre 1976 im Gepäck. Da war ich noch gar nicht geboren...

 

Also ein klassisches David gegen Goliath.

 

#MissionMedaille

 

Wir schlenderten in die Halle, positionierten uns auf gut Glück wieder hinter dem Tor. Irgendwo im Unterrang waren schließlich unsere freien Kategorie A-Plätze. Sollen sich andere dort hin hocken. Die Aufregung war kaum zu ertragen. Ein Gruß in den Block bestehend aus Angehörigen und Athleten - Mama Ehliz winkte lieb herüber.

 

Und dann ging es los! Halbfinale. Alles oder nichts! Mit der Gewissheit, dass wir heute schon von einem Sieg auf ganzer Linie reden können! Auf dem Eis und auch für uns!

 

Aber jetzt zählt es! Bully! Alles geben! Der 7. Mann - ein wenig ausgedünnt - war von der ersten Minute voll und ganz bereit. So auch die Jungs in schwarz-rot-gold. Entgegen der Befürchtung, dass wir uns heute eine Packung bis nach Meppen abholen würden, zauberte die DEB-Auswahl ein herrliches Hockey auf die Fläche und holte sich in der 15. Minute in 5:3 Überzahl die Belohnung ab. Nach Vorlage von Kahun (KAHUN KAHUN KAHUN) setze Macek an und verwandelte zum 1:0. Irre. Führung gegen Kananda! Abpfiff hier und jetzt bitte!!!

 

"Werdet zur Legende, siegen bis zum Ende! Für die Goldmedaille! D-E-B!"

 

Als führendes Team in die Drittelpause. Atemberaubend. Draußen mit ein paar Kanadiern geplaudert, die zwar auch das Thema "NHL-Sperre" anmäkelten aber dennoch zugestanden, dass unsere Mannschaft ein geiles Hockey zeigt. Danke. Natürlich gingen sie weiter davon aus, dass der Drops noch nicht gelutscht sei und sich das Blatt noch wenden würde. Abwarten. Wir haben die heilige Glücksfanta auf unserer Seite!

 

Zurück auf dem Eis nagelte Plachta nach einem ausgezeichneten Querpass von Hager die Hartgummischeibe ins Netz.

 

Irreeee! Eskalation im Fanblock, im Ahtletenblock, auf dem Eis. 2:0 gegen K-A-N-A-D-A. Der Hammer!

 

"Werdet zur Legende, siegen bis zum Ende! Für die Goldmedaille! D-E-B!"

 

27. Minute. Wolf spielt einen langen Pass nach vorne, Goc legt vor dem Tor quer auf Mauer. Der versenkt. Aber WIE?!?!?!?! Rückwärts durch die eigenen Beine! 

Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaalter!!! 

 

Are you kidding me??? Was für eine Bude. Was für ein Spielstand. 3:0. In Worten: DREI ZU NULL! ARE YOU KIDDING ME??????

 

"Werdet zur Legende, siegen bis zum Ende! Für die Goldmedaille! D-E-B!"

 

29. Minute. Tor Kanada. 3:1. Na gut, Ehrentreffer oder so. Mund abputzen, weitermachen!

 

Und die Jungs machten weiter: 33. Minute in Überzahl - 3 Sekunden gespielt - Plachta schießt, Hager fälscht ab. Tor. TOR. TOOOOOOOOOOOOOOOOR! 4:1! Kneif mich, ich glaube, ich träume!

 

"Werdet zur Legende, siegen bis zum Ende! Für die Goldmedaille! D-E-B!"

 

Dann der Schock: Heftiger Check gegen Wolf. Ein Bär von einem Typen liegt reglos am Boden. Muss benommen vom Eis geführt werden. Scheiß Verlierer!!!

 

Leider kam aus der fünfminütigen Überzahl nichts mehr für die Torstatistik zusammen. Aber ich wiederhole es gerne: Deutschland 4, Kanada 1! Amazing!

 

Mit dem Zwischenstand ging es in die letzte Pause. Den Kanadiern, die zuvor noch hoffnungsvoll und siegessicher waren, stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. Man muss keinen Hehl draus machen: Zu diesem Zeitpunkt hätte dieses Ergebnis wohl NIEMAND erwartet. Und wenn doch, hoffe ich, dass derjenige seine Wetten frühzeitig platziert hat und jetzt auf den Malediven Cocktails schlürft.

 

Naja, wie dem auch sei, es ist wie es ist. Jetzt nur nicht den Kopf verlieren! Nicht übermütig werden. Nicht vom Erfolg niederringen lassen! Es warteten noch 20 Minuten Spielzeit. Als die Mannschaft auf's Eis zurück kam, staunten wir nicht schlecht: Wolfi war zurück! Ein geiler Typ. Ein Kämpfer. Eine Situation repräsentativ für das gesamte Turnier!!!

 

"Werdet zur Legende, siegen bis zum Ende! Für die Goldmedaille! D-E-B!"

 

Im letzten Spielabschnitt drehte Kanada richtig auf. Dieses Ergebnis wollten sie nicht auf sich sitzen lassen. Das führte zum 2:4  in der 43. Minute. Damn it. Weitermachen. Auf geht's, Deutschland, kämpfen und siegen!!! Doch wie der Teufel es wollte, fiel in der 50. Minute der Anschlusstreffer. Vor lauter Frust erntete der freie Sitz vor mir einen mächtigen Tritt. Unglücklicherweise stand darauf ein Pappkarton mit diversen leeren Essensverpackungen, denen dann mal kurz eine Flugstunde über drei Sitzreihen Richtung Eisfläche spendiert wurde. Hoppla. Sorry. Die Nerven.

 

Also zehn Minuten noch. Zehn Minuten Nervenkitzel. Können wir nochmal erhöhen? Gleicht Kanada aus? Was wäre wenn... Fragen über Fragen. Also wieder Schritt für Schritt und so. Meine Nerven. Das war kaum auszuhalten. Immer, wenn die Kanadier vor unser Tor kamen, rutschte uns im Rudel das Herz irgendwo in die Bauchgegend. Kamen wir vor das kanadische Tor, hüpfte es wie verrückt.

 

"Werdet zur Legende, siegen bis zum Ende! Für die Goldmedaille! D-E-B!"

 

Was für ein Krimi, was für ein Drama. Die Minuten vergingen unerträglich langsam, aber stetig. Die Tatsache, dass wir aktuell ins Finale eingezogen waren, war vollkommen egal. Viel wichtiger war, dass die Jungs den Sieg so dermaßen verdienten. Daher gaben auch wir nochmal alles. Die Stimme wurde auf eine knallharte Probe gestellt. Der Adrenalinpegel war jenseits von Schweden. Der Puls vermutlich nicht mehr messbar.

 

Letzte Minute. Kämpfen! Macht den Sack zu. Holt euch das vollkommen verdiente Silber! Die Uhr zählte runter, so auch wir. Kollektive Eskalation in 3... 2... 1...

 

SIEG!

 

SILBER!

 

FINALE!!!

 

Die totale Gefühlsexplosion! Wieder schossen die Tränen in die Augen. Die Gänsehaut war nicht von dieser Welt. Soeben sind wir Zeuge geworden, wie der kleine David den übermächtigen Goliath zu Staub zermahlen hat! Ganz großes Kino! Ein historischer Moment! DER historische Moment! Zum ersten Mal ist ein deutsches Eishockeyteam ins Finale der Olympischen Spiele eingezogen und wir waren live dabei.

 

UNF***INGFASSBAR!!!

 

Nachdem wir die Mannschaft noch gehörig gefeiert haben, packten wir uns so langsam zusammen. Sascha musste nun mit seiner Fanta alleine die Stellung halten. Noch schnell bei Mama und Papa Ehliz Tschüss gesagt und mit einem lachenden und einem weinenden Auge ging es zum Bus und auf direktem Weg 300 km nach Seoul. Den Finaleinzug im Gepäck.

 

Nicht zu fassen alles...

 

#OlympiasiegerBesieger

#Legenden

#Silber

#MissionMedailleCompleted

#AuswärtigesAmt

#Finale

#Freilos

 

 

Rückblick:

An dieser Stelle möchte ich noch zwei Dinge anbringen:

 

1.) Foto aus dem Videotext:

Hier sieht man eine waschechte Reiseempfehlung vom Auswärtigen Amt für Kanada! Und wenn man sich so in der Presse umschaut, scheint das nicht so unklug gewesen zu sein. Hier ein Auszug der Vancouver Sun:

"Es geht nicht darum, wer du bist, wo du spielst. Es geht nicht darum, dass niemand dich kennt. Es geht nicht darum, dass dies nicht das Team Canada war, das wir gerne sehen wollten. Es geht darum, verloren zu haben, gegen Deutschland, dieses verfluchte Deutschland, das sich nicht mal für die letzten Olympischen Spiele qualifiziert hat."

Tja.. ich liebe dieses verfluchte Deutschland!!! <3

 

2.) Link auf die Zusammenfassung:
Ich möchte nochmal auf dieses unglaubliche Tor zum 3:0 durch Mauer hinweisen! Soll nochmal einer sagen, die Deutschen könnten dieses Eishockey nicht.

 

https://www.eurosport.de/eishockey/pyeongchang/2018/olympia-2018-eishockey-deutschland-gewinnt-gegen-kanada-und-steht-im-finale_vid1069341/video.shtml 

 

...to be continued...

Kommentar schreiben

Kommentare: 0